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Hier veröffentliche ich in unregelmäßigen Abständen Gedanken zu Politik, Gesellschaft und Wirtschaft.

Symptome und Ursachen

17.12.2023


In den letzten Monaten wurden ein Industriestrompreis und eine Subventionierung von Erdgas öffentlich diskutiert. Als Beispiel zur Begründung von verbilligtem Gas wurde die Industrie von Einweg-Glasflaschen angeführt, die erhebliche Kostensteigerungen hinnehmen musste.


Meiner Ansicht nach werden hier die Symptome behandelt, statt den derzeitigen Umbruch für eine Korrektur grundlegender Fehler zu nutzen. Denn wieso sollte man jetzt energieintensive Industrien fördern, wenn man doch gleichzeitig den Auftrag hat, den CO2-Ausstoß zu reduzieren? Der Fehler war meiner Ansicht nach, dass die rot-grüne Regierung in den Nullerjahren das Pfandsystem nur halbherzig überarbeitet hat. Neben der unsäglichen, durch Lobbyisten durchgedrückten Einführung der Einweg-Pfandflaschen wurde es versäumt, das Mehrweg-Pfandsystem auf die überwiegende Zahl aller Behältnisse für Lebensmittel auszuweiten. Daher benötigen wir weiterhin Unmengen von Glasbehältern, die zwar zu einem maßgeblichen Teil aus Altglas recycelt werden – aber eben unter hohem Energieeinsatz.


Eine sinnvolle Reform wäre also, dies jetzt nachzuholen und für in Deutschland verkaufte Lebensmittel ein nach wissenschaftlichen Grundsätzen entwickeltes, sinnvolles Pfandsystem vorzuschreiben, das die Flut an Einweg-Behältern beendet. Das wäre übrigens für kein Unternehmen in Deutschland ein Wettbewerbsnachteil, weil sich alle Unternehmen aus dem In- und Ausland an dieses Gesetz halten müssten, sich die Kosten dadurch also erhöhten, aber eben für alle gleichermaßen.


Analoges gilt für viele andere Bereiche: Es gibt Vorschläge von Umweltorganisationen, Gebäudesanierungen zu bezuschussen, um Abriss mit anschließendem Neubau zu reduzieren. Es gibt Vorschläge, Privatflugzeuge zu verbieten. Der Einsatz von Einweg-Aluminiumbehältnissen wird kritisiert. Wie viel einfacher und an der Ursache ansetzend wäre es, eine einheitliche und regelmäßig steigende Besteuerung von allen in Deutschland eingesetzten, fossilen Energieträgern vorzunehmen? Damit erübrigten sich die oben genannten Subventionen und die ganze, dafür notwendige Verwaltung, Gebäudesanierungen wären nun die günstigere Alternative, Alufolie und Privatflüge unbezahlbar teuer.


Es wird öffentlich über Wegwerfprodukte, mangelnde Reparierbarkeit von Geräten, Lebensmittelverschwendung, ständige Versuche der Effizienzsteigerung und Verdichtung der Arbeit, Kündigungswellen bei der Umstrukturierung von Unternehmen oder mangelnde Konkurrenzfähigkeit deutscher Unternehmen mit ausländischen aufgrund hoher Lohnnebenkosten diskutiert. Doch gehen alle diese kritisierten Phänomene auf die hohen Lohnnebenkosten zurück, dass also die Steuerlast und die Beiträge zu den Sozialkassen die Personalkosten hoch halten, sodass jeder Unternehmer bemüht ist, den Personaleinsatz zu senken und sodass Neuanschaffungen fast immer günstiger sind als Reparaturen. Gleichzeitig wissen wir, dass wir ressourcenschonender leben müssen. Warum wird also die Steuerlast nicht weg von den Einkommen hin zu Ressourcen, Umsätzen und Gewinnen verschoben?




Wettbewerb (2)

12.12.2023


DHL, DPD, Hermes, UPS, GLS und die anderen Paketdienstleister nerven uns fast ausnahmslos damit, dass Pakete unauffindbar sind, dass der Paketbote es beim Nachbarn im Erdgeschoss abgibt statt es in den vierten Stock zu bringen, dass man keine Benachrichtigungskarte erhält oder dass die Zustellung unzumutbar lange dauert.


Was ist die Ursache dafür? Im Wettbewerb möchte jeder nicht nur der Beste sondern vor allem der effizienteste sein, damit die Rendite maximal wird. Das ist Unternehmensziel Nummer eins. Und das lässt sich bei einem lange bestehenden Markt nur durch Einsparungen erreichen, die oft schon hinter der Grenze des Sinnvollen liegen. Wer den Fahrern zu viel bezahlt, den Druck auf sie gering hält oder besonders viel Zeit auf Sorgfalt verwendet, droht der Verlierer in diesem Verdrängungswettbewerb zu werden.


Der Markt wird es nicht richten. Wettbewerb mag bei neuen Produkten und in neuen Märkten sinnvoll sein, aber bei Märkten, die schon seit Jahrzehnten bestehen, führt er nur dazu, dass am Ende nichts mehr funktioniert. Alle Optimierungsmöglichkeiten waren schon vor langer Zeit erschöpft und eine weitere Renditesteigerung, die immer überall gefordert wird, ist nur noch durch Verzicht auf sinnvolle Leistung möglich.


Wenn es der Markt richtet, dann durch Insolvenz einzelner Anbieter, die den Verbleibenden dann ein größeres Stück vom Kuchen lassen – und damit oft auch die Marktmacht, dass sie also aufgrund eines beinahe-Monopoles die Preise deutlich erhöhen können.




"Nazis"

04.08.2023


Es ist ein Fehler, AfDler, NPDler oder Querdenker als "Nazis" zu bezeichnen, denn das hebt die Diskussion auf eine politische Ebene und bereitet den Weg zu der Ansicht, rechts zu sein sei eine vertretbare politische Haltung. Dabei lässt sich schon an den Äußerungen der betreffenden Menschen ablesen, dass es nicht um Politik sondern um Aggressivität geht, die kanalisiert werden soll. Aufgrund von empfundener Wut, Perspektivlosigkeit oder Zukunftsängsten suchen sie nach Sündenböcken und hauen blind um sich.  Dass es nicht um reale Sachverhaltene sondern tief liegende Emotionen geht, zeigen die regelmäßig geäußerten Ängste vor der "Lügenpresse", "Umvolkung" und Verschwörungen auf staatlicher Ebene, die keiner ernsthaften Realitätsprüfung standhalten.


Dieses Handeln ist reflexhaft und stammt aus unserer Urzeit: In schlechten Zeiten grenzen sich Menschen ab, weil es optimal für unsere Arterhaltung ist, dass nur der harte Kern überlebt, wenn nicht alle mitgenommen werden können. In der heutigen Zeit in der westlichen Welt ist ein solches Verhalten völlig fehl am Platz – ein archaisches Relikt, das es zu überwinden und nicht etwa zu pflegen gilt. Der Begriff „Nazi“ ist eine menschengemachte Kategorie und verschleiert diesen Zusammenhang.





Putin, du Opfer!

30.06.2023


Wenn es um mögliche Verhandlungen zu einem Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine geht, wird oft so argumentiert, als könne man mit Putin verhandeln und als sei zumindest langfristig eine Einigung möglich. Es entsteht der Eindruck, wir wären auf Augenhöhe. Auch wurde es in unseren Medien lediglich als ein Irrtum Putins dargestellt, dass er den Westen zu Kriegsbeginn für schwach hielt. Doch so ist es nicht.


Im Mai 2023 saß einmal ein russischstämmiger Mitbürger bei Markus Lanz, der eine augenöffnende Feststellung machte: Er sagte, in Russland teile sich jede Männergruppe (in der Schule, in Heimen, bei der Armee, in Gefängnissen) sofort in Opfer und Täter. Das besondere daran sei, dass man sich nicht aus den Machtkämpfen heraushalten könne. Im russischen Denken sei die Einteilung in stark und schwach so sehr verankert, dass jeder, der nicht als Täter mitmache, automatisch als Opfer gesehen würde. Und wer einmal Opfer sei, sei es auf immer. Also sei man dazu gezwungen, sofort andere zu demütigen, zu unterwerfen und zu vergewaltigen, um nicht als Opfer gesehen zu werden.


Damit erklären sich die bei uns populären Irrtümer: Wir haben das Offensichtliche nicht gesehen, dass Putin die Ukraine angreifen würde, weil wir diese, seine Haltung nicht verstanden haben. Wir glauben weiterhin, man könne mit Putin verhandeln, wenn er das wolle. In Putins Augen sind wir jedoch schwach, weil wir sein Machtgehabe und Machtstreben nicht teilen. Man kann zwar mit ihm verhandeln und auch ein Ergebnis erzielen, wobei er schon die reinen Verhandlungen mit „Opfern“ zu vermeiden sucht. Eventuelle Verhandlungen würde er nur führen, weil er sie zur Erreichung seiner Ziele für notwendig hält, nicht, weil er unsere Haltung oder unsere Ziele teilen würde. Ein Verhandlungsergebnis würde er niemals wirklich akzeptieren, weil er Absprachen mit „Opfern“ für bedeutungslos hält. Ebenso erklärt sich damit sein Irrtum zu Kriegsbeginn, dass die EU die Ukraine nicht unterstützen würde, da es in seiner Welt keine Starken gibt, die Verhandlungen vorschlagen, weil dies für ihn immer ein Zeichen von Schwäche ist.


Unter diesen Gesichtspunkten hätte es ja nicht einmal genutzt, in den letzten Jahrzehnten die Osterweiterung von EU und Nato langsamer voranzutreiben, weil das von russischer Seite nur als weitere Schwäche ausgelegt worden wäre.


Wenn Sie das anzweifeln sollten, denken sie einmal an die für uns seltsam anmutenden, zahllosen Bilder von Putin mit nacktem Oberkörper auf Pferden, einem Bären usw.





Ich bin von den Grünen enttäuscht

14.05.2023


Die Grünen haben aus der Zeit ihrer Gründung den Anspruch mitgebracht, moralischer zu handeln als andere Parteien. Somit hätte ich von ihnen erwartet, dass sie nach Regierungsantritt nicht nur das beschlossene Regierungsprogramm umsetzen, sondern auch überall dort, wo Verbesserungen einfach umsetzbar sind, diese Möglichkeiten nutzen. Es würde beispielsweise unseren Platz in der Weltwirtschaft und unserem Ansehen in der Welt nicht schaden, wenn Deutschland seinen Müll nicht ins Ausland verkaufen würde, wo er vergraben, verbrannt oder in Flüsse oder das Meer gekippt wird. Solche low hanging fruits haben die Grünen bisher einfach übersehen – warum?


Ich hätte erwartet, dass eine Regierung mit grünem Wirtschafts- und Umweltminister zum Amtsantritt alle relevanten Umweltverbände darum bittet, solche Themen zuzuarbeiten und dass diese dann während der Wahlperiode Stück für Stück aufgearbeitet werden. Wenn auch die Grünen nur die überschaubare Zahl der Themen aus dem Regierungsprogramm bearbeiten – wer kümmert sich dann wann um den Rest, und was unterscheidet die Grünen noch von den anderen Parteien?





Ganz trockene Logik

15.04.2023


Stellen Sie sich ein Land vor, in dem alle das gleiche Einkommen haben und das gleiche Vermögen besitzen. Allen geht es also gleich gut und sie können sich das gleiche leisten. Da Menschen unterschiedlich sind, gibt es jedoch Schlauere und Geschicktere und weniger Kluge und Menschen mit geringerem inneren Antrieb, manche können andere besser von ihren Ideen überzeugen, haben mehr Durchsetzungsfähigkeit oder einen stärkeren Drang zur Macht als andere. Das wird bei identischem Wohlstand nach einiger Zeit dazu führen, dass einige ihren Wohlstand mehren konnten oder sich größeren Einfluss erarbeiten konnten. Wer aber mehr Vermögen oder mehr Einfluss hat, kann dies dazu nutzen, weiterhin die Weichen zu Gunsten seiner Gruppe zu stellen. Auch wenn das nicht jeder tut, so werden es manche tun. Manche Gleichgesinnte werden sich zusammenschießen, um so ihre Kräfte zu bündeln. Wenn diese Verhältnisse nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte wirken, so wird sich ein großes Ungleichgewicht zwischen Armen und Reichen einstellen. Bis ins Unendliche gedacht, würden diese Umstände dazu führen, dass am Ende einer alles besitzt und der Rest nichts.


Das ist in etwa der Zustand der heutigen Welt: Die wirtschaftliche Stabilität seit dem Ende des zweiten Weltkrieges und vor allem seit Ende des kalten Krieges hat es den Strebsameren, Mächtigeren, Wohlhabenderen ermöglicht, ihre Positionen auszubauen, zugunsten ihrer Interessengruppen Einfluss auf die Gestaltung von Gesetzen zu nehmen und ihren Wohlstand auszubauen. Die Idee aus der Mitte des letzten Jahrhunderts, dass Wirtschaftswachstum es ermöglichen würde, dass die Ärmeren aufholen, hat sich nicht bewahrheitet, da die Unterschiede in Begabung und Interessen kontinuierlich in die entgegengesetzte Richtung arbeiten. Es ist heute schon spürbar und wird sich weiter fortsetzen: Es gibt immer mehr Superreiche und Machtkonzentrationen, es gibt neuerdings Unternehmen mit einem Wert von mehr als einer Billion Dollar, Erbschaften bestimmen mehr, wem es gut geht, als persönliche Leistung, und die Mittelschicht verschwindet – das ist der Weg in einen neuen Feudalismus, einen Zustand, den wir früher einmal durch Revolutionen und entsprechende Gesetzgebung abgeschafft hatten. Nur eine staatliche Gesetzgebung, die auch über Steuern die Macht- und Vermögensanhäufungen kontinuierlich abbaut, kann verhindern, dass über kurz oder lang ein solcher Zustand wie am Ausgang des Mittelalters entsteht.


Wenn jeder an sich denkt, ist zwar an alle gedacht, doch nicht für alle gesorgt.




„Der Chef muss sagen, wo es langgeht!“

03.02.2023


Dieser Satz ist immer seltener richtig. In den Anfängen der Industrialisierung war diese Haltung aus wirtschaftlicher Sicht angemessen, weil Menschen überwiegend als biologische Roboter eingesetzt wurden.


Heute stellt es sich anders dar: Je komplexer (globalisierter) die Welt wird und je komplexer die Produkte, die entwickelt werden, umso wichtiger wird es, dass die Weisheit der vielen genutzt wird und nicht nur die Weisheit eines einzelnen. Auch wenn eine strategische Entscheidung irgendwo „ganz oben“ fällt, ist es wichtig, dass Informationen von der Basis nach oben fließen können. Wenn nur der Chef entscheidet, bleiben Wissen und Erfahrung von Hunderten oder Tausenden ungenutzt. Die Mehrzahl der heutigen Mitarbeiter auf unterster Ebene sind keine ungelernten Hilfsarbeiter mehr wie vor Jahrhunderten, sondern verfügt selbst über große Erfahrung. Leider versuchen immer noch viele Manager, von oben nach unten durchzuregieren und dabei von  der Basis unbehelligt zu bleiben. Ein Beispiel ist das derzeitige Bestreben in vielen Unternehmen, möglichst viele Arbeitsschritte in Prozessdefinitionen zu fassen. Das dient zwar der Fehlervermeidung und Rechtssicherheit, kostet aber unter anderem die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Aufgabe und verschlechtert damit die Qualität der Arbeitsergebnisse. Die Unzufriedenheit der Mitarbeiter wird dann irrtümlicherweise als zu überwindende Veränderungsunwilligkeit verbucht.


Ein weiteres Problem gab es früher wie heute: Viele Menschen bemühen sich gar nicht darum, in obere Führungsebenen zu gelangen, da sie nicht in Situationen gelangen möchten, dass von Ihnen erwartet wird, als Konzernchef drastische Entscheidungen zu treffen, wie beispielsweise fünftausend Leute zu entlassen. Herrmann Oberth, ein deutscher Physiker, Raketenpionier und Lehrer von Wernher von Braun, formulierte diesen Zusammenhang 1966: „Im Leben stehen einem anständigen Charakter so und so viele Wege offen, um vorwärts zu kommen. Einem Schurken stehen bei gleicher Intelligenz und Tatkraft auf dem gleichen Platz diese Wege auch alle offen, daneben aber auch noch andere, die ein anständiger Kerl nicht geht. Er hat daher mehr Chancen, vorwärts zu kommen. […] Infolge dieser negativen charakterlichen Auslese findet eine Anreicherung der höheren Gesellschaftsschichten mit Schurken statt. Das ethische Durchschnittsniveau einer Gesellschaftsschicht wird umso schlechter, je besser und einflussreicher sie gestellt ist.“


Moralfreiheit kann aber kein Konzept sein, das zu einer besseren Welt führt. Dass der allgemeine Nutzen einseitiger Machtausübung abnimmt, habe ich oben ausgeführt. Der Nutzen beschränkt sich zunehmend auf die Führungskräfte selbst: Sie wollen die Macht behalten und davon profitieren. Dazu müssen sie diese Strukturen erhalten. Doch eine Gesellschaft, die sich von Menschen mit solchen „Behinderungen“ leiten lässt, gefährdet ihre Existenz, da die Entscheidungen moralfreier Menschen häufig mit großer Zerstörung verbunden sind (äußere Schäden an Mensch, Tier und Natur, aber auch immense psychische Belastungen). Wenn wir als globale Gesellschaft nicht in der Lage sind, uns von solchen Führungskräften zu befreien oder diese gar für notwendig halten, werden wir als Menschheit in der heutigen Form nicht überleben.


Allgemein kann man sagen: Kaum etwas bringt uns schneller in die Steinzeit zurück als das „weiter so“.





Wer mithelfen will, die derzeitige Internetzensur im Iran und in Russland zu umgehen,
kann das hier tun und Snowflake aktivieren:

18.11.2022

Zur ARD-Reportage „Die Recyclinglüge“

11.08.2022

Offenbar wird nur ein kleiner Teil unseres Kunststoffmülls recycelt und der allergrößte entweder zur Zementherstellung verbrannt oder landet auf wilden Deponien in Asien und Afrika oder im Meer. Was bedeutet das? Wir trennen unseren Müll und fühlen uns umweltbewusst, doch ist es eindeutig besser, seinen Müll nur in die schwarze Tonne zu füllen, denn dann wird er sicher in Deutschland unter vernünftigen Umweltauflagen verbrannt. Das ist nach mehr als dreißig Jahren Grüner Punkt eine harte Erkenntnis.


Der Kunststoff aus dem gelben Sack bildet nun den Great Pacific Garbage Patch. Der Nutzen ist nahe null - außer für die Eigentümer des Grünen Punktes, die damit reich geworden sind. Der gefühlten Nachhaltigkeit steht ein tatsächlich immenser Schaden für die Umwelt gegenüber.


Ebenso verhält es sich bei unserem Kraftstoff: Für das Biodiesel im Diesel wurde Indonesien gerodet, um dort Palmöl anzubauen; für das Ethanol wird Brasilien gerodet, um dort Soja oder Mais anzubauen. Wir fahren Biosprit, fühlen uns umweltfreundlich und erkaufen uns das mit einem vielfachen an Umweltzerstörung. Und: Es dauert Jahrzehnte, bis es ans Licht kommt.


Dass wir keine Kohle mehr im Ruhrpott abbauen ist eine ebensolche Erfolgsgeschichte. Unsere Kohle kommt jetzt – energetisch völlig unsinnig – aus Kolumbien. Die Umweltauflagen beim dortigen Abbau sind sicherlich nicht besser als in Deutschland.


Angesichts solcher Zustände spüren wir, wie wenig wir auf dem Weg zu echter Nachhaltigkeit erreicht haben. Und die Hoffnung auf ein zukünftiges nachhaltiges Wachstum kann niemand ernsthaft aufrecht erhalten, wenn er diese Beispiele kennt.





„Wer bei mir Führung bestellt, der bekommt sie auch.“

19.02.2022

Dieser Satz von Olaf Scholz drückt aus, was viele Bürger bei heutigen Politikern vermissen: Entscheidungskraft. Das hat Scholz erkannt und das Bedürfnis der Menschen angesprochen. Doch wie sieht sein Handeln aus?


Bei der Diskussion um die Impfpflicht sagte er, er halte sich als Bundeskanzler aus der Diskussion heraus. Er begründete dies mit der ethischen Tragweite der Thematik: Bei solchen Themen solle eine offene Diskussion im Bundestag erfolgen und er wolle hier keinen Trend vorgeben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigte diese Haltung. Auch Familienministerin Anne Spiegel tat es ihm in der Diskussion über eine mögliche Streichung des Paragrafen 218 nach.


Auf der einen Seite dient diese Zurückhaltung tatsächlich einer ergebnisoffenen Diskussion. Auf der anderen Seite ist sie meiner Ansicht nach auch ein Zeichen davon, dass Politiker heutzutage Meinungsäußerungen, Stellungnahmen und Entscheidung zu vermeiden suchen, da jede klare Äußerung immer Kritiker und Gegner auf den Plan ruft. Je mehr sie sich in ungenauen Absichtserklärungen und Allgemeinplätzen ergehen, desto eher können sie bei positivem Ausgang der Sache darauf verweisen, dass dies auf sie zurückgeht, und im negativen Fall darauf, dass sie ja nichts Konkretes gesagt haben.


Olaf Scholz hat mit der Zurückhaltung in dieser Sache einen Präzedenzfall an Meinungslosigkeit geschaffen, der jetzt eifrig kopiert wird. Das Ziel aller Politikschaffenden ist also, meinungsfrei an der Spitze zu stehen. Das bedeutet ohnmächtige Macht – einerseits dient ihr Verhalten dem Machterhalt, andererseits haben sie diese Macht bereits verloren, weil sie nur noch von der medialen Meinung getrieben sind.





Follower

02.01.2022

Mit dem Aufkommen der sozialen Medien wurde die Beliebtheit einer Seite an der Zahl der Likes gemessen. Die regelmäßigen Leser erhielten den Namen „Follower“. Schon nach wenigen Jahren gelang es den ersten, die eine große Zahl von Followern hatten, von ihren Posts zu leben, und sie wurden „Influencer“ genannt. Das ist etwas mehr als der etwas veraltete Begriff „Trendsetter“, denn man traut ihnen nicht nur zu, die Mode zu definieren – der Name besagt, dass sie auch über die Macht verfügen, andere mit ihren Ideen anzustecken.


Nun bemühen sich die "Influencer" – die Rechtschreibkorrektur schlägt hier "Influenza" vor – um möglichst viele "Follower" und die Follower sind stolz darauf, den richtigen Trends zu folgen.


Unsere Gesellschaft nimmt diese Entwicklung stoisch hin wie das Wetter, doch ist es etwas anderes als Manipulation? Wir bemerken nicht einmal, wie diese Mechanismen verhindern, dass wir uns endlich hin zu mehr Individualität entwickeln.


Säße ich alleine im Keller und würde mich sinnlos betrinken, so wäre das immer noch individueller, als ein "Follower" zu sein, denn ich täte, was ich will. Ich möchte weder ein Follower sein, noch Follower haben.




Corona und die Intensivstationen

19.11.2021

In Talkshows und Nachrichtensendungen war in den letzten Tagen immer wieder zu hören, dass etwa ein Viertel weniger Intensivbetten zur Verfügung stehen als vor einem Jahr. Doch wie kam es dazu?


Im Frühjahr 2020 klatschten wir jeden Abend um 18 Uhr auf dem Balkon für die Leistung der Pflegekräfte. Dann wurde in den Medien immer wieder thematisiert, wie schlecht diese anstrengende Tätigkeit entlohnt ist. Dann passierte lange gar nichts. Keine Regierung, keine Krankenkasse, keine Krankenhausgesellschaft bemühte sich um eine Änderung. Dann geschah scheinbar immer noch nichts - und jetzt fehlt ein Viertel der Intensiv-Pflegekräfte, weil sie ihren Job aufgaben. Wäre es nicht Aufgabe der Regierung gewesen, genau diese Situation zu verhindern? Wie würde man in der freien Wirtschaft mit einem Manager verfahren, der eine drohende Krise auf diese Art ignoriert?




Was lernen wir durch den Wettbewerb?

18.10.2021

In den Medien wurde in der letzten Zeit mehrfach die Aussage wiederholt, man habe sich in den letzten Jahren zu sehr auf die weltweite Arbeitsteilung verlassen, worauf der jetzige Waren- und insbesondere Chipmangel zurückzuführen sei. Das hört sich an, als habe man einen Fehler gemacht, den man nicht wiederholen würde.


Doch dieser Fehler wird sich zwangsläufig wiederholen, wenn sich die alten Zustände wieder einstellen, denn der Wettbewerb wird auch dann – entgegen besseren Wissens – eine Auslagerung in Billiglohnländer verlangen, weil sonst der Konkurs des eigenen Unternehmens droht.




Verstaatlichung

10.09.2021

Die Idee dahinter, dass die Mitarbeiter der Post früher verbeamtet waren, war, dass sie dadurch unabhängiger und weniger leicht erpressbar waren. Um Missbrauch zu verhindern, gab es ein Postmonopol und die Post befand in Staatshand. Heute ist Datenschutz in aller Munde, doch unsere Daten sind so unsicher wie nie zuvor. Die Konzerne, die die Funktion der Zustellung von Nachrichten übernommen haben, würden am liebsten weltweit jede Nachricht mitlesen.


Man könnte argumentieren, die Zustellung von Nachrichten gehöre zum Bereich der Infrastruktur. Und es gibt gute Argumente dafür, dass sich Infrastruktur in öffentlicher Hand befinden sollte. Spricht aber jemand von „Verstaatlichung“, so bekommen die meisten Mitbürger Angst vor dem Sozialismus wie zu McCarthys Zeiten.




Schnelligkeit!

18.06.2021

Die Diskussion über den Klimawandel ist nach jahrzehntelangen Bemühungen von Wissenschaftlern und Umweltaktivisten in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das ist Voraussetzung für eine Veränderung und damit für unser Überleben auf diesem Planeten – zumindest, wenn wir unsere Lebensweise und Kultur einigermaßen bewahren wollen.


(Das Überleben unserer Art ist wahrscheinlich auch gewährleistet, wenn wir den Klimawandel weitertreiben. Nur werden wir dann aufgrund von Nahrungsknappheit und Umweltveränderungen Bürgerkriege und Kriege in ungekanntem Ausmaß erleben, und das wird unsere Kultur nicht überstehen, sondern wir müssen mit einer kleinen Bevölkerungszahl auf dem Niveau der Steinzeit neu beginnen.)


Wir bemühen uns also um die Einhaltung des 1,5 °C-Zieles. Jetzt steht die nächste Information in den Startlöchern, die extrem bedeutsam ist, doch bisher kaum gehört wird: Der Permafrostboden taut ab und dies stellt einen Dominoeffekt dar. Wenn man genau hinhört, ist damit der Kipppunkt zur Einhaltung des 1,5 °C-Zieles, auf dessen Einhaltung alle Welt hofft, schon überschritten. Doch wahrscheinlich dauert es weitere fünf Jahre, bis Fridays For Future oder andere das Thema in die Breite getragen haben - und dann ist wieder Zeit vertan, die man sinnvoller hätte nutzen können.


Wenn es uns als Menschheit nicht gelingt, solche Informationen schneller zu verbreiten und damit der Entwicklung einen Schritt voraus zu sein, wird das früher oder später unser Ende sein oder uns zumindest in ein steinzeitliches Leben zurückwerfen.




Astra-Zeneca

05.04.2021

In drei Monaten Impfung mit Astra-Zeneca ist eine einstellige Zahl von Frauen bei einer Gesamtzahl von knapp drei Millionen Geimpften an einer Thrombose gestorben, und dies ist seit zwei Wochen das wichtigste Thema in den Medien. Ganz nebenbei werden von den Geimpften im gleichen Zeitraum, in dem die Impfung wirkt – also einem Jahr – etwa neunzig der Geimpften bei Autounfällen sterben. Rechnen Sie es nach: 2724 Verkehrstote in 2020 auf 83 Millionen Einwohner macht 89 Verkehrstote auf 2,7 Millionen Einwohner. Warum diskutieren wir darüber, als wäre gerade der dritte Weltkrieg ausgebrochen? Theoretisch dürfte aus schierer Angst niemand mehr in ein Auto einsteigen! Und wir müssten Monate über die im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge, die im Jemen Verhungernden oder die Selbstmörder in Deutschland diskutieren, damit es verhältnismäßig wäre.


Wären diese Menschen nicht mit Astra-Zeneca geimpft worden, so würden statistisch 3000 von ihnen an Corona sterben. Das spricht eindeutig für die Impfung. Es handelt sich also um eine mediale Übertreibung. Weil man mit einem großen Echo rechnen konnte, sind alle gierig auf das Thema aufgesprungen – jenseits jeder Sinnhaftigkeit.


Ich verstehe auch nicht, warum wir in zahlreichen Talkshows darüber diskutieren müssen, dass der Impfstoff von Astra-Zeneca abwechselnd in Frage gestellt und dann wieder empfohlen wurde. Das ist ein ganz normaler wissenschaftlicher Lernprozess, und zu jedem Zeitpunkt wurde die richtige Entscheidung auf Basis des bis dahin vorhandenen Wissens getroffen. Es handelt sich hier überwiegend nicht um ein Fehlverhalten. Und es ist etwas völlig anderes, darüber zu reden, welche Versäumnisse sich die Regierung in der Vergangenheit gegen besseres Wissen und entgegen der Empfehlungen von Fachleuten hat zu Schulden kommen lassen. Hier gibt es tatsächlich eine Vergangenheit zu bewältigen, damit in Zukunft etwas besser werden kann.




Die Grenzen des Wachstums

16.03.2021

Wenn jemand aus Überzeugung zum Ideal erklärt hat, reich zu werden, dann soll er es gerne versuchen. Ärgerlich sind aber die meines Erachtens vielen Fälle, die nur deshalb dieser Idee hinterlaufen, weil sie das Ziel nicht erreichen. Ich denke, viele würden, wenn sie tatsächlich reich würden, sofort spüren würden, dass das Leben dann auch nicht besser ist: Man kann als Reicher genauso einsam sein, wenn man keine Freunde hat – trotz Dienerschaft, eigener Yacht und eigenem Flugzeug.


Das erste Problem ist, wir können das nicht jeden Erdenbürger ausprobieren lassen, denn dann sind alle Ressourcen verbraucht und der Planet ist verwüstet.


Das zweite Problem ist, dass sich die Menschen nicht damit zufriedengeben, einen bestimmten Besitzstand zu haben, sondern reicher sein wollen als andere. Aus Sicht früherer Zeiten sind wir allesamt unermesslich reich und doch macht uns das nicht zufrieden. Wir haben einen Standard erreicht (mit eigener Wohnung, eigenem Auto, Handy, Fernseher usw.), den sich ein durchschnittlicher Mensch des neunzehnten Jahrhunderts im wahrsten Sinn des Wortes nicht einmal vorstellen konnte. Wie stellen Sie sich eine bombastische Zukunft vor? Dass unsere Autos fliegen können und dass wir zum Mars reisen werden? So wenig? Aus der Sicht eines Menschen es neunzehnten Jahrhunderts haben wir schon viel, viel mehr erreicht. Eine eigene Kutsche, die im Sommer innen schön kühl ist, und mit zweihundert Stundenkilometern durchs Land fährt und dabei selbst lenkt, jeden Menschen der Erde jederzeit kontaktieren zu können oder ein Gerät zu besitzen, mit dem man Fotos machen kann, das als sprechende Landkarte dient und mit dem man auf alles Wissen der Welt sofort zugreifen kann oder einfach nur die Möglichkeit, fliegen zu können, hätte für ihn ungleich phantastischer geklungen als für uns heute eine Marsreise.


Hätte man jedem Kind einmal in seiner Kindheit erlaubt, so viel Eis, Gummibärchen oder Chips zu essen, wie es möchte und es auch im Überfluss damit versorgt, so hätte es seine Grenzen kennengelernt. Doch wie vielen wurde das tatsächlich einmal erlaubt? Und wie viele wurden von Anfang an dazu angehalten, sich immer zu mäßigen, und so haben sie nie die Erfahrung machen können, was im anderen Fall passiert? (Nach dem Motto: Wehret den Anfängen! So als ob bei einer einzigen Ausnahme der Damm gebrochen wäre.) Was ein Glück, dass die Eltern immer da waren und aufgepasst haben. So hat das Kind auch gelernt, dass es alles machen kann, was nicht verboten ist, und dass man es schon darüber informieren wird. Aber wer soll das im Erwachsenendasein tun? Der Staat, der sich zunehmend aus allem heraushält?


So glauben die meisten bis ins hohe Alter, dass mehr Konsum sie auch glücklicher machen werde. Dabei verbrauchen sie den halben Planeten und dabei kommt heraus: nichts.


20 Kugeln Eis hätten 20 Euro gekostet – jedes Jahr 10.000 Euro in weitgehend sinnlosen Konsum umzusetzen, kostet uns die Existenz.





Welche Bedeutung hat die Wirtschaft in der Corona-Krise?

16.02.21

Wir streben alle nach Glück. Manche suchen es ganz direkt in Konsum und Genuss, andere erhoffen sich Glück durch Leistung und Erfolg, wieder andere suchen es in geistiger Anregung oder in der Verbundenheit mit anderen Menschen.


Warum stellen wir aktuell in der Corona-Krise die Wirtschaft über alles andere, obwohl wir nur den kleinsten Teil davon für unsere Versorgung benötigen? Warum nutzen wir die Krise schon wieder dazu, puritanische Ideale zu verbreiten? Spaß ist nutzlos, Maloche ehrenvoll? Wo doch beides dem Glück dienen kann!


Diese Haltung beruht ohnehin auf einer falschen Vorstellung von Nutzen. Ja, Spiel, Freude, Geselligkeit produzieren nichts, aber Spielen ist das Trainieren von Gehirn oder Motorik, Geselligkeit das Training vom Zusammenspiel mehrerer Menschen und Freude der geistige Ausgleich für Anstrengung – während unsere „produktive“ Arbeit zu großen Teilen aus Bullshit-Jobs, unproduktiver Verwaltung oder dem Konsum auf Kosten von Mensch und Natur dient.


Wenn tatsächlich die Mehrheit der Menschen an der Versorgung mit Lebensmitteln arbeiten würde, könnte ich die Haltung verstehen, dass wir in Corona-Zeiten der Arbeit Vorrang vor allen anderen Aktivitäten einräumen. Die meisten Menschen arbeiten jedoch für unseren Konsum, nicht für unsere Versorgung, und ein immerhin zweistelliger Prozentsatz arbeitet in der Entwicklung. In Anbetracht dieser Tatsachen sind viele andere Konzepte zum Umgang mit der Corona-Krise denkbar. Man könnte getrost große Teile der Wirtschaft für ein paar Monate anhalten, ohne dass wir wirklich etwas verlieren – sofern man für den Unterhalt der dort Angestellten sorgt.




Der Markt regelt alles?

14.02.2021

Erinnern sie sich einmal, wie oft Ihnen schon eine Datei endgültig verlorenging – durch versehentliches Überschreiben oder Löschen oder durch Programmabstürze. Solche Fehler sind wahrscheinlich das, wovor PC-Nutzer am meisten Angst haben.


Bei Apple gibt es seit Jahrzehnten die Time-Machine-Funktion: Jede Datei ist jederzeit in allen ihren Bearbeitungsständen abrufbar. Das heißt, die alte Versionen wird beim Speichern nicht durch die neue Version überschrieben, sondern aufbewahrt. Angesichts heutiger Festplattengrößen kein Thema mehr. Es sind ja nur wenige Dateien, die man bearbeitet, und vieles wird niemals geändert, wie Fotos, Filme, E-Books oder Downloads, die den meisten Platz auf der Platte beanspruchen.


Offenbar meint Microsoft uns diese vergleichsweise geringe Änderung an der Software trotz des großen Nutzens nicht zumuten zu können. Somit könnten solche Datenverluste seit zwanzig Jahren der Vergangenheit angehören, aber es passiert nichts, und wir Nutzer nehmen das stoisch hin.


Das zeigt: PC-Betriebssysteme sind in der heutigen Zeit eine Art von Infrastruktur, deren Qualität erheblichen Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft hat. Entsprechend sollten man sie unter staatlicher Kontrolle stellen, damit in Zukunft offensichtliche Fehler schon nach weniger als zwanzig Jahren beseitigt und sinnvolle Funktionen eingebaut werden. Heißt es nicht, staatliche Unternehmen seien träge und kundenfeindlich? Hier versagt wieder einmal der Markt.




Das übliche Verhalten der Politiker

08.01.2021

Corona zeigt, dass das Patentrezept der meisten Politiker nicht für Krisen geeignet ist: Die meisten von ihnen haben sich eine Politik der kleinen Schritte angewöhnt. Wer beherzt einschneidende Veränderungen beschließt, handelt sich leicht herbe Kritik ein und gefährdet seine Stellung. Nach diesem Prinzip wurde auch in der Corona-Krise entschieden. Im Sommer hätte man alle Schulen mit Luftreinigern und alle Schüler mit Tablets ausstatten können. Klar, das kostet Milliarden – aber weniger als die derzeitigen Schäden in der Wirtschaft. Man hätte die Produktion für den Impfstoff präventiv aufbauen können – auf das Risiko hin, sie nachher doch nicht zu benötigen. Man hätte im letzten Dreivierteljahr das Personal in den Gesundheitsämtern und Kliniken aufstocken können, wissend, dass man es in zwei Jahren wahrscheinlich nicht mehr braucht. Man hätte den zweiten Lockdown präventiv besonders hart machen können. Doch genau das versuchen Politiker aufgrund der Kritik zu vermeiden, die droht, falls sie sich geirrt haben – und genau das würde ein guter Krisenmanager tun, denn eine Katastrophe muss um jeden Preis verhindert werden – Kompromisse sind dann out. Das gleiche gilt übrigens auch für die Klimakrise, Fluchtursachen, die nächste Finanzkrise uvm.


Ergänzung am 05.03.2021

Ein weiteres Problem ist der Drang der Politiker, ihre Macht zu erhalten - gerade jetzt in der Zeit vor den Wahlen. Eine sinnvolle Diskussion erkennt man daran, dass sich nicht jeder um jeden Preis durchsetzen will, sondern dass einzelne sich zurückhalten, wenn sie merken, dass sie sich irren oder ihre Ansicht weniger Relevanz hat. Dadurch entsteht die "Weisheit der Vielen", weil sich die relevanten, tragenden Gedanken durchsetzen können. Politiker in der Vorwahlzeit stehen für das Gegenteil: Es geht ihnen darum, mit egal welchen Mitteln Präsenz und Durchsetzung zu erreichen. Bei den Corona-Gipfeln war das zu sehen.




Warum hilft uns Google nicht?

10.12.2020

Wo sind Big Data oder der von Google häufig beschworene Nutzen für das Gemeinwohl im Angesicht von Corona? Es wäre ein Leichtes für die Datensammler, durch Auswertung der Fantastillionen von Nutzerdaten zu ermitteln, welche Eigenschaften einen zu einem Risikopatienten mit einem wahrscheinlich schweren Krankheitsverlauf machen. Doch die Datenkraken helfen uns nicht, weil es sich entweder für sie finanziell nicht lohnt oder weil sie diese Informationen selbst zu Geld machen wollen.




Prioritäten

06.11.2020

Karl-Theodor zu Guttenberg musste zurücktreten, weil er in seiner Doktorarbeit nicht gekennzeichnete Zitate verwendet hatte, aber der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt durfte bleiben, obwohl er die Anweisung seiner Vorgesetzten (und den Willen der Bürger) nicht umgesetzt hat, indem er bei der EU für eine Verlängerung der Zulassung von Glyphosat stimmte, und ebenso durfte Andreas Scheuer bleiben, obwohl er hunderte Millionen Bürgergeld veruntreut hat. Das ist eine Aussage.




Wirtschaft oder Würde?

30.10.2020

Christiane Hoffmann vom Spiegel trat in der Sendung von Markus Lanz dafür ein, dass man in der Corona-Krise wirtschaftlichen Schaden gegen Menschenleben abwägen dürfe oder gar müsse. Ein paar Jahre zuvor brachte Ferdinand von Schirach die Diskussion auf, ob man wenige Menschenleben zur Rettung vieler opfern dürfe – und die Antwort war „nein“ – weil die Würde des Menschen unantastbar sei und sich deshalb solche quantitativen Überlegungen verbieten würden. Damals ging es immerhin um Menschenleben, hier geht es nur ums Geld. Dass Lanz oder seine Gesprächspartner so etwas sagen können, ohne massive Gegenwehr zu erhalten, zeigt, dass uns das längst, aber fälschlicherweise in Fleisch und Blut übergegangen ist: Wirtschaft, Wirtschaft über alles!




Erreichung der Klimaziele

18.10.2020

Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie sagt in einer von Fridays for Future beauftragten Studie, um das Ziel von nicht mehr als 1,5 °C globaler Erwärmung zu erreichen, müsse Deutschland bis 2035 klimaneutral werden. Das sei ambitioniert, aber erreichbar. Das bezweifele ich, denn es geht nur, wenn wir Emissionshandel betreiben und für alles, was derzeit noch fossile Energie benötigt (Stahlproduktion, Zementherstellung, Transporte über lange Strecken, also schwere LKW, Schiffe, Flugzeuge uvm.) im Ausland erneuerbare Energien finanzieren, um einen Ausgleich zu schaffen. Dies ist aber nur bei lokaler Sichtweise umsetzbar. Bei globaler Sichtweise, die nötig ist, um das Klima wirklich zu stabilisieren, ist eine Kompensation nicht mehr möglich. (Es gibt zwar Verfahren, um Biosprit mit Hilfe von Ökostrom zu synthetisieren, aber nicht in dem Maßstab, der zum Erhalt unseres derzeitigen Wirtschaftssystems nötig wäre. Es fehlen allein Anbauflächen für die Biomasse.) Somit handelt es sich um eine Milchmädchenrechnung – so wie unser Recyclingsystem auch nur dadurch und nur auf dem Papier funktioniert, dass wir Müll exportieren.




Regionale Produkte?

12. Juli 2020

Neulich lief im ARD-Magazin "Monitor" ein Beitrag, der den Unsinn von regionalem Salatanbau zum Thema hatte. Ein Landwirt berichtete, dass Salat in Norddeutschland aufgrund der klimatischen Bedingungen wesentlich besser angebaut werden könne als beispielsweise in Südhessen. Nun forderten aber seine Kunden regionalen Anbau und so sei er gezwungen Salat unter den unrentableren Bedingungen in Hessen anzubauen.


Hier wurde die regionale Produktion als unsinnig dargestellt – doch bei der Herstellung wie vieler Produkte ergeben sich tatsächlich solche Nachteile? Außer bei wenigen Lebensmitteln wie beispielsweise Südfrüchten ergeben sich die Vorteile der Auslagerung der Produktion nur aufgrund weniger strenger Gesetze in den Herstellerländern. Weder Plastikspielzeug noch Kaffemaschinen noch Jeans noch Laptops noch Lichtmaschinen von PKW lassen sich in Nah- und Fernost billiger herstellen, weil dort andere klimatische Bedingungen herrschen. Der Kostenvorteil ergibt im wesentlichen daraus, dass dort weniger Sozialgesetze, Arbeitssicherheitsvorschriften und Umweltschutzgesetze zu beachten sind. Und diese Vorteile sind so groß, dass sich die Auslagerung der Produktion trotz des Transports um den halben Erdball immer noch rechnet.




Der Blumentopf-Roboter

05. Juli 2020

Auf futurzwei.org war neulich zu lesen: "Der chinesische Unternehmer Sun Tianqi hat einen Roboter entwickelt, der sich wie ein Krebs bewegt und als Blumentopf dient. Mithilfe von Lichtsensoren kann er die Pflanze ins Licht fahren, wenn nötig, oder ihr einen Schattenplatz suchen." Das klingt futuristisch. Doch denken wir darüber nach, welche Erfahrungen wir mit Haushaltsgeräten und Elektronik gemacht haben: 


Hat das Gerät die heute übliche Qualität, wird es wahrscheinlich recht schnell von der Fensterbank herunterfahren und auf dem Teppich enden. Also müssen wir noch eine Begrenzung an der Kante der Fensterbank anbringen, sodass es funktioniert. Sicherlich wird der Akku nach zwei Jahren kaputt sein. Dann bestellen wir einen neuen – was auch nicht jeder tut. Zwei weitere Jahre später ist der Akku wieder platt, aber es gibt keine Ersatzteile mehr. Also kaufen wir ein neues Gerät.


In diesem Gerät steckt vielleicht ein Liter Erdöl, das bei der Herstellung verbraucht wurde.  Wollten wir jede noch so kleine Aufgabe im Haushalt und der Umwelt auf diese Art smart automatisieren, wie viel Erdöl würde dafür verbrannt? Wie viel Erdöl würde für den Transport der Geräte zu uns verbraucht – denn die Geräte werden ja sicherlich – wie alles andere auch – in China produziert? Wie viel Wartung müssten wir in diese Geräte stecken, wie oft im Internet neue bestellen, wie oft zum Baumarkt fahren, wie viel Geld dafür verdienen oder wie lange in den Betrieben, die so etwas herstellen, daran arbeiten? Es ist die alte Idee, dass immer mehr vom gleichen unsere Probleme lösen könne. Wer kann glauben, dass wir so mit smarter Technik die Welt retten könne?


Nicht die kleinen Ideen, wie wir die Welt verbessern können, stellen den Weg zur Lösung der Probleme der Welt dar – wie viele glauben – sondern die grundsätzliche Haltung. Das Problem ist nicht, dass wir noch nicht genügend schlaue Ideen gehabt haben, sondern, dass die überwiegende Mehrheit nicht der Ansicht ist, dass sich wirklich etwas ändern solle – wobei sich die noch aufteilt, in die, die eine Änderung für unnötig halten, und die, die die Änderung zwar für nötig, aber auch für zu einschneidend halten, um sie wirklich zu wollen, weil sie Angst haben, etwas zu verlieren. Wenn alle wollten, dass sich etwas ändert, wäre das Gehen des Weges nur noch eine Fleißaufgabe.




Finanzielle staatliche Hilfen für Unternehmen und Betriebe in der Corona-Krise

09. Mai 2020


Ende März hatte Olaf Scholz in der Corona-Krise ein erstes Hilfspaket für die deutsche Wirtschaft im Umfang von einhundertfünfzig Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Diese Art der Wirtschaftsförderung macht mich nachdenklich: Grundsätzlich sollte Scholz im Sinne des Regierungsauftrags darum bemüht sein, sorgsam mit diesem Geld umzugehen, denn am Ende steht der Bürger dafür gerade oder muss mit den Folgen einer eventuellen Fehlplanung leben.


Das deutsche Bruttoinlandsprodukt beträgt etwa viertausend Milliarden Euro. Mit einhundertfünfzig Milliarden kann man dieses System also etwa zwei Wochen vollständig betreiben. Da ein Teil der Wirtschaft derzeit noch funktioniert, reicht es wohl etwas länger.


Wenn die Unternehmen (von klein bis groß) dieses Geld, als Zuschuss oder und Darlehen erhalten, wohin fließt es am Ende? Da der Wirtschaftskreislauf ja weitgehend zum Stillstand gekommen ist, wird es relativ schnell zu den Investoren, Banken, Vermietern und Versicherungen abfließen – allgemein zu den Geldgebern. Für diese kleine Gruppe ist die Krise keine Krise, denn für sie läuft alles wie gewohnt weiter. Dies wird schon durch erste Analysen bestätigt: Link


Versicherungen, Banken und Immobilienunternehmen verzeichnen also nachweislich keine Krise. Ähnlich dürfte es auch bei Hedgefonds und Großanlegern aussehen. Hingegen sind Kleinunternehmen überproportional von der Krise betroffen.

 

Bei der drohenden Pleitewelle der Kleinunternehmen handelt sich nicht um eine Marktbereinigung, sondern um unerwünschte Folgen der Krise. Es hat also wirtschaftlich keinen Sinn, wenn diese Betriebe wegen krisenbedingt temporär ausfallender Einnahmen in Konkurs gehen. Eine solche Pleitewelle würde der ganzen Gesellschaft schaden, da diese Unternehmen langfristig wieder benötigt werden und demnach etwas zunächst zerstört wird, was später wieder aufgebaut werden muss. So gesehen scheint es zunächst richtig, dass Olaf Scholz die Wirtschaft mit dem geplanten Zuschuss am Laufen halten will. Aber lässt sich das Geld nicht besser einsetzen – vor allem, wenn es erneut die Ungleichverteilung anzutreiben droht?

 

Folgende Kleinunternehmer und Selbstständige sind von dem Shutdown überproportional betroffen: Ärzte, Architekten, Anwälte, Metzger, Bäcker, Drogerien, alle Händler, alle Läden (Bekleidung, Blumen, Computer...), Spätis, Friseure, Massagesalons, ambulante Krankenpflege, Kioske, Imbissbuden, Hotels, Restaurants, Kneipen, Clubs, Landwirte usw.

 

Sie haben in der Krise keinen Einnahmen, aber Kosten für: Personal (Löhne und Gehälter), Miete, Kredite, Altersvorsorge, Versicherungen, regelmäßige oder einmalige Lieferungen aus vertraglichen Verhältnissen (beispielsweise langfristige Bestellung von Saatgut oder Pflanzen in der Landwirtschaft oder Getränkelieferungen für eine Kneipe), Versicherungen, Unterhalt für Autos (Steuer, Leasingraten), Leasing oder Miete für Maschinen, Beiträge zu Berufsverbänden, Genossenschaften usw.

 

In der Krise hat jedoch kein Kneipenmieter etwas von seiner Miete, kein Frisör vom Zahlen der Löhne, kein Handwerker etwas von den Beiträgen zur Berufsgenossenschaft oder der Leasingrate des Firmentransporters. Daher denke ich, man könnte alle Forderungen der Zahlungsempfänger für den Zeitraum des Shutdowns aussetzen – analog dem Aussetzen der Raten einer Versicherung bei Wagniswegfall. Wenn das Land die Luft anhält, warum dann nicht vollständig?

 

Dann wäre aber noch zu klären, wovon die Menschen in dieser Zeit leben: Für die Bezahlung der Kosten für den täglichen Bedarf – in erster Linie das Essen sowie einige dringend benötigte Dinge – ist nur etwa ein Bruchteil des von Olaf Scholz bereitgestellten Geldes erforderlich, sagen wir 300 Euro pro Monat und Bürger. Würde Olaf Scholz einen solchen Betrag als bedingungsloses Grundeinkommen in diesem Zeitraum an alle Bürger auszahlen, so würden die bereitgestellten einhundertfünfzig Milliarden statt für wenige Wochen für ein halbes Jahr reichen!

 

Mein Fazit: Auch wenn man eine Bazooka in der Hand hält, ist es von Vorteil, gut zu zielen.




Wegwerfen

13. März 2020


Neulich war in den Nachrichten zu hören, dass die EU ein Gesetz gegen das übermäßige Wegwerfen auf den Weg bringen will, um der Ressourcenverschwendung Einhalt zu gebieten. Doch was ist eigentlich der Auslöser des ungehemmten Wegwerfens? Warum lohnen sich Reparaturen so selten? Der Ursprung liegt in der Ausgestaltung unserer Steuer- und Sozialsysteme: Sozialabgaben und Steuern werden im wesentlichen auf Löhne und Gehälter erhoben. Daher sind Ressourcen unangemessen billig, und Unternehmen ziehen Materialeinsatz dem Arbeitseinsatz vor. (Nebenbei fördern diese Verhältnisse auch den Anstieg der Arbeitslosenzahlen.) Die EU kämpft nun also an der Oberfläche gegen das Problem, statt endlich einmal an der Ursache anzusetzen.




Bauchgefühl (2)

20. Januar 2020


Wenn man die Logik den Gefühlen gegenüberstellt und diese als Gegensätze betrachtet, so handelt es sich um einen Denkfehler. In Wirklichkeit folgen Gefühle auch der Logik – nur einer komplexeren, die für uns nicht immer direkt offensichtlich wird und oft erst im Nachhinein verstanden werden kann. Das, was im Volksmund als Logik (im Gegensatz zu emotionalen Entscheidungen) angesehen wird, ist Logik mit dem Ziel maximaler Effizienz. "Trockene" Logik lässt die Vielfalt der Wahrnehmungen außer Acht, die unser unbewusstes Denken parallel verarbeiten kann, und wählt einen monokausalen Weg. Das, was der Durchschnittsbürger für die Welt der Gefühle hält, ist nicht frei von Logik, sondern folgt einer Logik, die – abweichend vom reinen Effizienzziel – auch das Zusammenspiel der Menschen, Kommunikation und Geselligkeit berücksichtigt, die nicht ziellos, unnütz, verschwenderisch oder überflüssig sind, sondern Voraussetzung der evolutionär in uns angelegten Stärke der Zusammenarbeit. Somit stellt die Einteilung in die vermeintlichen Gegenpole logisch und emotional nur eine mangelnde Differenzierung des jeweiligen Redners dar.




Multiplikatoren

02. Januar 2020


Zu Silvester konnte man lesen, dass die Feinstaubbelastung aufgrund der Böller um ein Vielfaches höher war als an anderen Tagen. Möglicherweise hat ein sachkundiger Mitbürger die Feinstaubmesswerte beobachtet und seine Schlüsse daraus gezogen, und diese Erkenntnis gelangte in die Medien. Wie viele von uns wären selbständig zu dieser Erkenntnis gelangt? Ähnliches gilt für Schadstoffe in der Milch oder den Nutzen von Elektroautos – wir sind mit zunehmender Komplexität der Welt und zunehmender Spezialisierung darauf angewiesen, dass andere das Detailwissen haben und die Medien uns – als Multiplikatoren – über die relevanten Zusammenhänge informieren.


Auf der einen Seite bemühen sich Industrie, Wirtschaft, Lobbyverbände und andere um die Wahrung ihrer Interessen und verbreiten Botschaften, die ihnen nützen. Die Demokratie lebt davon, dass es auf der anderen Seite finanzinteressenlose Vereinigungen wie den BUND, Campact oder Attac gibt, die ebenfalls Hintergründe recherchieren und ihre Erkenntnisse veröffentlichen. Sie stellen die Gegenseite dar, die die Interessen der Bürger vertritt und schützt. Man kann sich vorstellen, was eine Schwächung dieser Verbände durch Aberkennung der Gemeinnützigkeit in diesem Zusammenhang für die Demokratie bedeutet.




Bauchgefühl (1)

15. Dezember 2019


Wer vor einer schwierigen Entscheidung steht, bekommt von Freunden häufig den wohlmeinenden Rat: „Hör auf dein Bauchgefühl.“ Das heißt so viel wie: „Denke nicht logisch darüber nach.“ Doch das Gegenteil ist besser, denn auf unserem Weg vom Einzeller zum Menschen haben wir Schritt für Schritt Reflexe, Triebe und Instinkt, unbewusstes Denken und endlich das bewusste Denken entwickelt. Jede neue Ebene ermöglichte uns eine differenziertere Reaktion auf unsere Umwelt und nutzte damit der Arterhaltung. Wieso sollte man gerade in einer Situation, in der sich starke Gefühle in den Vordergrund drängen und eine besonders wichtige Entscheidung ansteht, auf sein bewusstes Denken verzichten?




„Soldaten sind Mörder“

21. September 2016


Der Satz „Soldaten sind Mörder“ hat mich beschäftigt. Was unterscheidet einen Auftragsmörder von einem egoistischen Killer? Wie kann der Staat einerseits für Menschenwürde eintreten und anderseits Tötungsaufträge erteilen? Gehört es nicht zur Würde, weiterzuleben – auch für Angehörige anderer Staaten? Enthält unser Grundgesetz hier einen Irrtum? Offenbar schützt der Staat seinem Auftrag gemäß nur seine eigenen Bürger.


Jeder Mensch kann töten, wenn man ihn nur ausreichend in die Enge treibt. Und Soldaten tun das eben im Auftrag, wenn der Staat sich in die Enge getrieben fühlt. Dieses Prinzip hat uns die Evolution aus gutem Grund in die Wiege gelegt: Offenheit ist ein gutes Konzept, wenn man auf andere Tolerante trifft, denn daraus kann sich viel entwickeln. Trifft man auf Aggressive, so muss man bereit sein, sich zu verteidigen, sonst könnte es dazu führen, dass ein einzelner alle Errungenschaften einer Gemeinschaft zerstört – was gegen das Prinzip der Arterhaltung wäre.


Anzunehmen, es gäbe Gute und Schlechte und nur die Schlechten würden töten, und demnach sei es eine Beleidigung, einen der Guten „Mörder“ zu nennen, trifft es eher nicht. Wir können uns bemühen, gut oder friedvoll zu sein. Aber wenn es hart auf hart kommt, nimmt in jedem von uns die Aggressivität zu.




Ballerspiele

23. Juli 2016


Im Zusammenhang mit dem Amoklauf von München im Juli 2016 sagte unser Bundesinnenminister heute (23.07.16) in der Tagesschau, kein intelligenter Mensch könne anzweifeln, dass Gewalt beinhaltende Computerspiele zu solchen Taten führen. Ich frage mich, ob wir damit rechnen müssen, das Herr de Maizière demnächst um sich schießend durch den Bundestag läuft, falls er sich abends mit World of Warcraft entspannen sollte.


Vielleicht sollte er jemanden fragen, der sich mit so etwas auskennt, bevor er populistische Äußerungen tätigt, die einzig dem Ziel dienen, neue Sündenböcke zu schaffen


Die Ursache für Amokläufe von Jugendlichen würde ich eher darin suchen, wenn die Eltern Zucht und Ordnung walten lassen, über ertragbare Grenzen hinaus Gehorsam von ihren Kindern einfordern, ihre Kinder schlagen (was noch ungefähr 30 Prozent aller Kinder hierzulande erleiden müssen, obwohl es seit 2000 unter Strafe steht). Wenn solche Erlebnisse auf ein empfindliches Kind treffen, das sich nicht zu helfen weiß und keine Ansprechpartner für seine Nöte findet, vielleicht auch noch in der Schule gehänselt wird, aber weiß, wie es an Papis Waffenschrank kommt, ist klar, was passieren wird.


Oder glaubt Herr de Maizière, dass Computerspiele Menschen zwangsläufig in Bestien verwandeln? Dann sollte er gleich auch alle Märchenbücher verbieten lassen. Ich habe noch keinem Tier den Bauch aufgeschnitten und mit Steinen gefüllt und halte das auch nicht für normal.




Darf man Kinder schlagen?

18. Dezember 2012


Die Frage ist ganz einfach zu beantworten:  Was würden die Eltern sagen, wenn der Deutsche Bundestag ein Gesetz erlassen würde, dass sie geschlagen werden dürfen, wenn sie gegen Regeln verstoßen? Das heißt, dass sie so behandelt werden, wie viele das immer noch bei ihren Kindern für angemessen halten. Zwei Beispiele:


Ein Polizist kommt, verpasst einem Passanten, der eine rote Ampel missachtet hat, ein paar saftige Ohrfeigen und sagt so laut, dass alle Umstehendes es sicher verstehen: „Damit sie sich das merken und sie sich in Zukunft an die Regeln halten. Beschweren sie sich nicht, es ist nur zu ihrem Besten!“


Oder der Chef schleift seinen Angestellten am Ohr in die Besprechung und ermahnt ihn, in Zukunft pünktlich zu sein, sonst gäbe es beim nächsten Mal eine Tracht Prügel, die sich gewaschen habe. Wer würde solche Regeln nicht befürworten?


Mein aktuelles Buch ist jetzt als Paperback, Hardcover und Ebook bei tredition.de erhältlich.
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